„Noetztal“ – von Bren Orton

Als Bren uns gefragt hat, ob wir sein neuestes Filmprojekt unterstützen möchten, mussten wir nicht lange überlegen. Er wohnt seit einigen Jahren in Innsbruck, und die Ötztaler Ache ist ihm in dieser Zeit ziemlich ans Herz gewachsen. In diesem Gastbeitrag beschreibt er, wie er das Hochwasser Ende August 2023 erlebt hat, das zur Absage der OETZ TROPHY geführt hat. In seinem Video räumt er mit dem hartnäckigen Vorurteil auf, dass die Ötztaler Ache ruiniert sei. Ganz im Gegenteil: Sie sei lebendiger als jemals zuvor!

Über die Entstehung seines Films schreibt Bren:

Wir haben einige gute Flüsse in Großbritannien, einige sehr gute Flüsse sogar… aber es muss regnen – viel regnen – damit sie laufen. Die Trockenperioden zwischen den Regenfällen machten mich als ungeduldiges, kajak-begeistertes Kind immer wahnsinnig. Herauszufinden, dass es Orte gibt, wo die Flüsse immer laufen, war wie eine Erleuchtung. Und so fand sich der ungeduldige, kajak-begeisterte Erwachsene im Ötztal wieder.

Es ist großartig! In den Sommermonaten kann man seine Uhr nach dem Anstieg des Wasserstands stellen. Ein paar Stunden nachdem die Hitze des Tages auf den Gletscher oben im Tal trifft, erreicht das Schmelzwasser den Fluss und erweckt ihn zum Leben. Man kann jeden Tag Kajakfahren und das nicht nur verlässlich, sondern unglaublich schön, wuchtig und dynamisch. 

Auf den über 60 Flusskilometern der Ötztaler Ache findet man Kajakstrecken aller Schwierigkeitsgrade. Meistens sind es kontinuierliche, verblockte Schwälle, es gibt aber auch einige saubere, definierte Stellen, zum Beispiel auf der Wellerbrückenstrecke. Wenn man besser Kajak fahren lernen möchte, ist das weltweit höchstwahrscheinlich einer der besten Orte dafür. Auch ich selber bin so viel besser geworden, seit ich in Innsbruck und somit sehr nah an der Ötztaler Ache wohne. Ich habe unzählige Stunden damit verbracht zu lernen, wie ihre Rapids funktionieren und wie man mit ihnen arbeitet. Es fühlt sich seltsam an, das zu sagen, aber eine Zeit lang war die Ötztaler Ache die größte Konstante in meinem Leben. Egal, was während des Jahres passierte, irgendwann war ich zurück im Ötztal, fuhr die Linien, die mir so ans Herz gewachsen waren und hatte eine großartige Zeit mit meinen Freunden.

So war es zumindest, bevor ein hundertjähriges Hochwasser durch das Tal rauschte und den Fluss für immer veränderte. So etwas mitzuerleben war ehrlich gesagt ziemlich aufregend. Es regnete so stark und die Straße ins Ötztal war gesperrt, weil der Fluss Teile davon mitgerissen hatte. Was also gerade wirklich im Ötztal passierte, bekamen wir nur über Freunde und Raftguides mit, die vor Ort waren. Jedes neue WhatsApp-Bild löste eine Diskussion unter meinen Mitbewohnern aus, welche Steine sich wohl wohin bewegt hätten und wie sich die Stellen wohl verändern würden. Es gab am Ende aber nur einen Weg, das herauszufinden: zu warten, bis das Wasser gesunken und die Straße repariert worden ist und es sich dann selber anzuschauen.

Die Wellerbrücke ist von unten kommend die erste WW V Strecke im Tal und daher jene, die wir als erste besichtigen konnten. Sie hatte sich komplett verändert und jede einzelne Stelle war neu und anders, aber sie war immer noch ohne Zweifel eine herausfordernde WW IV – V Strecke, die mich anlachte. Ich fuhr die Rennstrecke der OETZ TROPHY ein paar Mal und konnte erleichtert feststellen, dass es immer noch ein großartiger Rapid ist. Für das Stück oberhalb der Wellerbrücke hatten wir damals leider noch zu viel Wasser.

Adrian [Mattern, Anm.] und ich fuhren daumendrückend und mit angehaltenem Atem hinauf zu unserer Lieblingsstrecke, der Mittleren Ötz. Wir hofften so sehr, dass das Hochwasser die Strecke nicht zerstört hatte. Beim ersten Mal dauerte es eine Weile, sich den Fluss hinunter zu arbeiten und es lagen auf jeden Fall ein paar Steine im Weg, aber tatsächlich fanden wir die Strecke insgesamt besser als vor dem Hochwasser. Sie ist sauberer, mit definierteren Stellen und tieferen Kanälen.

Ich erzählte überall, dass der Fluss nach dem Hochwasser in Ordnung und befahrbar war. Doch leider schien der Konsens unter vielen Leuten zu sein, dass die Strecken zerstört seien und sich ein Besuch der Ötztaler Ache nicht lohnen würde – obwohl sie selber nach dem Hochwasser noch gar nicht gefahren waren. Das löste etwas in mir aus. Ich trommelte ein paar Freunde zusammen und gemeinsam machten wir uns zehn Tage lang daran, die Veränderungen auf den Strecken zu erforschen, dokumentieren und letztendlich allen zu zeigen, wie falsch sie doch lagen.

Kajakfahren und Filme machen sind mein Sprachrohr und das Ergebnis ist der Kurzfilm „Noetztal“.

Danke an alle meine Freunde für die großartige Zeit beim Befahren und Filmen der neuen Rapids. Danke an Olaf Obsommer, Pistyl Productions und Simon Kuprian für die zusätzlichen Aufnahmen.

Dieses Video wurde unterstützt von Source To Sea, danke fürs Spritgeld!

Wir sehen uns am Fluss,
Bren Orton

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